Was muss ein ERP heute eigentlich können?

Die gefährlichste ERP-Illusion: „Es funktioniert ja irgendwie“

„Wir kommen klar – ist halt ein bisschen gewachsen.“

Diesen Satz höre ich oft, wenn ich Unternehmen kennenlerne, die seit Jahren mit ihrem ERP arbeiten.

Technisch läuft alles. Angebote lassen sich schreiben. Rechnungen gehen raus. Die Lagerbestände sind irgendwie nachvollziehbar.

Aber wenn man nachfragt – wer was wann wie macht – wird es still.

Oder es beginnt das große Erklären. Mit Nebensätzen. Und Ausnahmen. Und Excel.

Dann stellt sich die Frage:

Funktioniert das System – oder haben Sie sich nur daran gewöhnt, wie es nicht funktioniert?


Was Gewohnheit verschleiert

ERP-Systeme sind keine Kaffeemaschinen: Sie brauchen klare Strukturen, keine täglichen Kompromisse.

Aber viele Unternehmen betreiben sie, als hätte man sich eben „ein bisschen eingerichtet“.

Die Risiken liegen dabei selten im Technischen – sondern im Organisatorischen:

  • Workarounds, die nie dokumentiert wurden, aber überlebenswichtig sind
  • Komplexität, die keiner mehr hinterfragt, weil sie „schon immer so war“
  • Datenwege, die Excel brauchen, weil das System nicht alles kann
  • Zuständigkeiten, die nicht sauber geregelt sind, sondern nach Gefühl verteilt werden

Solche Systeme funktionieren – irgendwie.

Aber nicht gut. Und schon gar nicht zukunftssicher.


Wie man echte Prozessklarheit erkennt

Ein gutes ERP erkennt man nicht daran, dass es läuft, sondern daran, wie es führt.

Diese Fragen geben Ihnen erste Hinweise:

  • Können Sie Abläufe erklären, ohne Excel zu öffnen?
  • Gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen Aufgabe, Rolle und Ziel?
  • Werden Informationen an einer Stelle gepflegt und überall richtig verwendet?
  • Ist klar, wer was wann warum tut – oder braucht es Nachfragen?

Prozessklarheit bedeutet:

🔹 weniger Klicks

🔹 weniger Rückfragen

🔹 mehr Überblick

Nicht, weil alles neu gemacht wurde – sondern weil es bewusst gedacht wurde.

Warum viele ERP-Systeme mitgewachsen – aber nie neu gedacht wurden

In vielen Unternehmen ist das ERP nicht geplant gewachsen, sondern einfach weitergelaufen.

Ein neues Modul hier, ein manueller Schritt da, ein Makro in Excel als Krücke – und irgendwann kennt sich keiner mehr richtig aus.

Was entsteht, ist eine Schattenstruktur:

Ein System, das aussieht wie ein funktionierendes ERP – aber in Wahrheit von Gewohnheit, Improvisation und Kompromiss zusammengehalten wird.

Die Folgen spürt man nicht sofort.

Aber sie zeigen sich – spätestens bei Wachstum, Umstrukturierung oder Personalwechsel:

  • Entscheidungen dauern länger
  • Schulungen sind schwierig
  • Anpassungen brauchen externe Hilfe
  • Keiner weiß mehr genau, wie der Prozess wirklich funktioniert

Ein ERP, das so tickt, ist keine Lösung mehr – sondern ein Risiko in Zeitlupe.


Fazit: Prozessklarheit kommt nicht von allein – aber sie beginnt mit einer einfachen Frage

Wenn Sie nicht mit Sicherheit sagen können, wie Ihre Prozesse funktionieren – dann ist es Zeit, hinzusehen.

Nicht mit dem Ziel, alles neu zu machen.

Sondern mit dem Ziel, wieder Klarheit zu gewinnen.

Denn Gewohnheit ist kein Qualitätsmerkmal.

Und Bauchgefühl ist keine Führungsstrategie.

Wenn Sie mehr Struktur, Sicherheit und Überblick wollen, statt ständig Lücken zu stopfen: Sprechen wir darüber.

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